Improvisation als Methode des Verstehens

In der Improvisation werden, wie in der Komposition auch, Klänge/Geräusche untersucht, der Improvisator aber ist Produzent und Rezipient des Klanggegenstandes/der Musik zugleich (und damit auf Ohrenhöhe mit dem Zuhörer). Der Gegenstand wird mit anderen Improvisatoren kommuniziert, die auch Rezipienten/Produzenten sind, diese untersuchen ihn, das enthierarchisiert den Produktions- und Wahrnehmungsvorgang, der (vermeintliche) Wissensvorsprung gegenüber dem Zuhörer verschwindet. Dieser Vorgang findet gleichzeitig und ineinander verschachtelt statt.
Die Komposition=Zusammenstellung wird von einer "Arbeitsgruppe" gemacht, in der jedes Mitglied eine Haltung einnehmen kann, in einem Raum, der von der Idee der Autorenschaft auf der einen Seite und von der ideellen Position des Zuhörers auf der anderen Seite definiert wird. Hier werden die entstehenden Materialien analysiert, zergliedert, aufgegriffen, wiederholt, aufgelöst, begleitet usw.- das heisst lesbar gemacht (...als Figuren oder Muster...)- sie erhalten eine Form.
Der Gefahr, dass diese Prozesse sich zu einem pseudokomplexen Rauschen im informationstheoretischen Sinne aufschaukeln können, müssen die Beteiligten mit Bescheidenheit und Disziplin entgegenwirken. Dann kann Improvisation zu einer (beglückenden) Methode des Verstehens für den geneigten Hörer werden.

"Komplexe Bestände (von Daten) können jedoch sehr ökonomisch verarbeitet werden, wenn sie als Figuren oder Muster gezeigt werden."

aus dem Text: "Denken am Modell"
von Peter F. Stefan

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