T R I O 
 Ein Streichquartett ist ein Gespräch zwischen 4 vernünftigen Menschen. beschrieb einst 
Goethe die zu seinen Lebzeiten emporkommende Nummer 1 der Wiener Kammermusik. 
Todesmutig und souverän stellt sich nach 200 Jahren ein Trio von ausschliesslich Melodie- 
instrumenten auf und damit dem möglichen Vergleich. 
 Es ist unglaublich: Jeder der 3 Musiker 
( Querflöte / Bass-Flöte,  Klarinette / Bass-Klarinette, Kornett ) übernimmt die volle 
Verantwortung über das musik-dramaturgische Gesamtgeschehen 
 (abgeguckt vom dreibeinigen 
Schemel, der nie wackelt), sodass die Architektur nicht in sich zusammenbrechen kann.
Das bedeutet: kein Scheitern, aber auch keine Pausen, für jeden Interpreten voller Einsatz. 
Das ist die handwerkliche Basis. 
 Alle 3 Musiker wirken gemeinsam zu gleichen Teilen am Patchwork-
Teppich. Alle 3 Instrumentalisten sind Profis – ausgewiesene und erfahrene Interpreten improvisativer 
Musik, und sie sind selbst Komponisten. Dass konzentrierte Happenings an die Stelle einer 
Autorenschaft von Morton Feldmann oder John Cage treten, hört man nicht. Es ist Musik unserer Zeit, 
vielleicht zum Ende unserer Zeit-rechnung und hier beginnt das
 Ende der Durchsage. 
 Es ist 
schwierig, Musik ausserhalb des Zeitkontexts zu hören, geschweige denn zu beschreiben. Und offen 
bleibt die Frage, ob die 17 kurzen Sätze sich vor der Pandemie anders angehört hätten.  
Die 
Souveränität dieser hochkonzentrierten Musik liegt in ihrer Dichte und Abgeschlossenheit trotz  des
hohen Engagements der 3 Schiffsleute (bei A.Camus ist Engagement das Verfrachtet-sein auf das 
Schiff der Zeit) .  Also kein Aufbegehren, auch wenn die Bläser ihre letzte Luft herauslassen. 
 Es ist 
viel mehr das Senden von Zeitzeichen, von Botschaften, als das Suchen nach Kommunikation. Und 
die ausgefahrenen Antennen transformieren GPS-Signale und UltraKurzwellen in Urklänge der 
Terra nostra - geschichtet übereinander, bereit zum Überleben in der nächsten Eiszeit. Sedimente 
gelebter Erfahrungen, souverän komprimiert in einem Welt-Atlas heutiger Kammermusik. 
 
Ende der Durchsage. 
thh. / lpzg. / 29.3.2020