Not to be confused with (2007)
Tonbandstück, Dauer 10′00′′

Basteln (bricolage/Collage[1]) durch Wegnehmen - Freilegen - durch Kritisieren (von altgriechisch krienein [unter-]scheiden, trennen) den Haufen oder die Häufchen von eigenem und gesammeltem Material einem Recycling zuführen, neu ordnen.

Dem Stück liegen zwei Ideen aus der (zeitgenössischen) bildenden Kunst zugrunde, die ich auf die Prozessierung von Audio-Material übertragen habe.

Das Hauptelement ist inspiriert durch Techniken der sogenannten Copy-Art wie sie von Sigmar Polke, Emmett Williams u.a. seit Ende der Sechziger Jahre eingesetzt wird.

Eine auf dem Klavier gespielte Improvisation ist dabei mein Ausgangsmaterial. Diese habe ich mit der Diktiergerät-Funktion meines Mobiltelefons aufgenommen. Dieser erste elektronische Transformationsschritt erzeugt die spezielle klangliche Färbung des ganzen Stückes.

Dann habe ich die Aufnahme von 22 Sampler-Modulen gleichzeitig in verschiedenen Geschwindigkeiten abgespielt (sowohl im mikrotonalen Bereich gespreizt, als auch über mehrere Oktaven verteilt). Dadurch ergeben sich zu Beginn schnelle Glissando-Effekte, insgesamt eine langsame Abwärtsbewegung (da die Länge des abgespielten Sound-Files sich beim "klassischen" Sampler proportional zur Tonhöhe verändert).

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Hörbar wird eine Art Explosion einer extrem dichten Textur, dann ein sukzessives Ausdünnen dieser Textur, ein 10-minütiger Verebbungs- oder Ausatmungsvorgang.

Das zweite Element, das als eine Art Coda erscheint, ist inspiriert durch Arbeiten des Künstlers Udo Koch, (der mit) "...der Verdinglichung des Zwischenraums in materialisierten Negativformen..."(arbeitet)[2]

Ich nehme ein weisses oder rosa Rauschen als Block aus allen Frequenzen an, aus dem ich dann die Frequenzen eines Soundfiles herausarbeite und somit eine akustische Negativform erhalte.

Hierzu hat mir der Programmierer Olaf Matthes ein sogenanntes External für die Programmierumgebung MaxMSP geschrieben, das die Ergebnisse zweier FFT-Analysen voneinander subtrahiert.

Als Soundfile habe ich den zweiten Teil von "Déserts" von Edgar Varèse gewählt. Das Rauschen abzüglich der Frequenzen von "Déserts" erscheint in den letzten Minuten des Stücks als Erinnerungshülle, steht einen Moment allein und reißt dann ab.

[1]siehe auch: Claude Levi-Strauss, Das wilde Denken, S.29f, Suhrkamp Verlag 1973 und:
Vilém Flusser,Nachgeschichte, Nachdenken über Collage: Wert und Abfall, S.238f, Fischer 1997
[2]Hans-Ulrich Obrist, Schriften zur Sammlung des Museums für moderne Kunst Frankfurt am Main/Udo Koch, S.43, Verlag Jürgen Häusser 1994

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